Lehrarten der Freimaurerei

Logen sind oft in Großlogen, Konföderationen oder in Groß-Orienten organisiert. Die Existenz dieser Dachorganisationen bedeutet aber nicht immer, dass alle Einzellogen dieser Vereinigungen nach der gleichen Lehrart (den gleichen Ritualen) arbeiten. Wir müssen also die Betrachtung von Lehrart und organisatorischer Zugehörigkeit der einzelnen Loge unterscheiden.

Der „rite français réformé“

LIBERTÉ ▪ ÉGALITÉ ▪ FRATERNITÉ

Diese freimaurerische Lehrart ist aus dem „Rite Moderne“ hervorgegangen. Anders als andere Lehrarten vermeidet der „rite français réformé“ auch in den Erkenntnisstufen der Meister jede Schnittmenge mit Religion und fühlt sich nachhaltig der Aufklärung verpflichtet. Der „rite français réformé“ gliedert sich in die drei wesentlichen – so genannten – „blauen Grade“, nämlich Lehrling, Geselle und Meister. Letztere arbeiten dann oft in den Instruktionslogen der Erkenntnisstufen zur Vertiefung der blauen Grade.

  1. Grad: Lehrling
  2. Grad: Geselle
  3. Grad: Meister
  4. Grad als Erkenntnisstufe: Élu Écossais
  5. Grad als Erkenntnisstufe: Chevalier d’Orient
  6. Grad als Erkenntnisstufe: L‘Ordre

Deutlichstes Merkmal des rite français réformé ist es, das altehrwürdige Ritual der Freimaurer-Bruderschaften als Rahmen und Regelwerk der Zusammenkünfte zu verstehen. Eigentliches Zentrum der Arbeit ist nach dieser Lehrart aber der Vortrag und die Diskussion über diesen. Diese Vorträge schließen die Themen Religion und Politik bewusst nicht aus, ganz im Gegensatz zu anderen Lehrarten, welche die Diskussion über diese Themen lieber vermeiden.

Freimaurerei ist, diesem Wesen nach, eine philanthropische, philosophische und progressive Einrichtung. Zweck der Freimaurerei dieser Lehrart ist die Erkundung der Wahrheit, das Studium der Moral und die Übung von Solidarität. Sie arbeitet an der materiellen und moralischen Verbesserung, an der geistigen und sozialen Vervollkommnung der Menschheit. Ihre Prinzipien sind gegenseitige Toleranz, Achtung der Mitmenschen sowie Selbstachtung und absolute Gewissensfreiheit. Metaphysische Überzeugungen gehören ausschließlich dem individuellen Bereich ihrer Mitglieder an. Sie lehnt für sich jede dogmatische Aussage ab. Die Devise der Freimaurerei lautet: Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit.

(frei nach dem Art. 1 der Konst. des GOdF)

Der Schottische Ritus

Der „Alte und Angenommene Schottische Ritus“ (AASR) ist ein Grad – und Hochgradsystem mit 33 Graden und ist in den USA stark vertreten.

Die schottische Werkmaurerei ist deutlich älter als ihre englische Schwester und war in ihrem Selbstverständnis auch deutlich anders ausgerichtet. Eine Verbindung des „AASR“ zur alten schottischen Werkmaurerei ist sehr umstritten, doch gibt es im AASR Legenden, welche diese Verbindung darstellen und auf die sich die Freimaurer dieser Lehrart berufen.

Die Wurzeln der so genannten „Schottischen Systeme“ liegen im Frankreich des 19. Jahrhunderts. Einige Brüder Meister dieser Zeit waren der Meinung, dass in der Freimaurerei mehr Lehren zu finden seien als bisher bekannt und veränderten bzw. ergänzten die bestehenden Lehrarten. Hier, in Frankreich, wurde schon 1804 mit der „Französischen Großloge des Alten und Angenommenen Schottischen Ritus“ durch Graf Grasse-Tilly eine Lehrart dieses Charakters gestiftet.

Aus dem ursprünglich französischen Perfektionsritus wurde in den USA  im 19. Jahrhundert die uns heute begegnende Lehrart mit seinen 33 Graden geschaffen. In Großbritannien fasste sie erst 1846 Fuß, als man dort den „Obersten Rat für England und Wales“ mit Bezug auf eine aus den USA stammenden Urkunde gründete.

Es gibt weltweit eine informelle Übereinkunft darüber, dass auch das schottische System erst in den Hochgraden, also außerhalb der drei wesentlichen Freimaurergrade Lehrling, Geselle und Meister, seine inhaltlichen Eigenarten vermittelt. Dennoch gibt es oft schon in den Ritualen der ersten drei Grade kleine Unterschiede zwischen den schottisch arbeitenden und denen im so genannten „englischen Selbstverständnis“ arbeitenden Freimaurerlogen.

Der AASR ist streng ordenshierarchisch organisiert und arbeitet rein maskulin oder gemischt-geschlechtlich. Die Brüder der AASR-Männer-Ordens bezeichnen den gemischt-geschlechtlichen AASR als irregulär und unterhalten zu diesem keinerlei (offizielle) Verbindungen.


Die Lehrart „nach AFAM“

Sachlich betrachtet ist das nach 1945 entstandene Ritual der AFAM-Logen (so sie denn nicht nach sehr alten logeneigenen Ritualen aus der Zeit von vor dem Zweiten Weltkrieg arbeiten) ein Mischwerk aus dem Rite Français-Moderne, den Ritualen der Großen National-Mutterloge „Zu den drei Weltkugeln“ und englischen Ritualen. Die Großloge der AFAM bezeichnet ihre Lehrart selbst als „humanistisch geprägte Freimaurerei“. Sie vollzieht die Trennung zum AASR und andern Hochgrad-Systemen in der Regel sehr deutlich und arbeitet nur in den drei ersten Graden, wo sie jeden religiösen oder pseudo-religiösen Ansatz in ihren Ritualen vermeidet.

Frauen sind zu den Arbeiten der Logen dieser Großloge nicht zugelassen.


Die Lehrart der 3WK

Die Große National-Mutterloge „Zu den Drei Weltkugeln“ arbeitet nach Ritualen der so genannten „preußischen Freimaurerei“. In den Tempelarbeiten wird gebetet und die Rituale sind deutlich von christlich-religiösen Elementen geprägt. Im 4. Grad, dem Grad der Schottenmeister, wird dieser Religionsbezug dann ganz deutlich. An den 4. Grad, welchen diese Großloge gern als „Erkenntnisstufe“ darstellt und in einer eigenen „alt-schottischen“ Organisation bearbeitet, schließt sich der „Innere Orient“ an, welcher aus weiteren drei Graden besteht. Frauen sind zu den Arbeiten der Logen dieser Großloge nicht zugelassen.


Die Lehrart der Großen Landesloge von Deutschland

Diese Großloge nennt sich selbst Freimaurer-Orden und arbeitet nach „schwedischem Ritual“, welches eindeutig und nachhaltig christlich geprägt ist. Der Orden arbeitet rein maskulin, schließt also Frauen von der Arbeit aus.


Die Lehrart der Frauengroßloge von Deutschland

Die rein-femininen Logen in Deutschland arbeiten in der Regel nach den Ritualen der AFAM mit kleinen Änderungen. Es werden nur die drei wesentlichen Grade bearbeitet (Lehrling, Geselle und Meister). Danach können die Schwestern die Hochgradsysteme z.B. des AASR oder die Erkenntnisstufen des „rite français réformé“ besuchen.

Männern ist der Besuch der Arbeiten der Logen der FGLvD nicht gestattet.

Besonders die Großloge AFAM von Deutschland unterstützt die Arbeit der FGLvD, da sie so das Besuchsrecht von Frauen in ihren eigenen (reinen Männer)-Logen auch weiterhin umgehen kann.


Die Lehrart im Orden „Le Droit Humain“

Die Logen dieser Obedienz wirken gemischt-geschlechtlich und arbeiten nach schottischen Ritualen und sehr ähnlich dem AASR, auch in 33 Graden. Wenige Logen dieser weltweit aktiven Organisation arbeiten in den ersten drei Graden nach dem Rite Français.


Andere Lehrarten

Es gibt (besonders außerhalb Deutschlands) noch unzählige andere Lehrarten, besonders in den Hochgraden. Hier seien nur einige genannt:

Ritual der Großloge von Schottland
Altenglischer Emulationsritus
Ritual des York Ritus
Ritual der Memphis-Misraim-Freimaurer
Rektifizierter Schottischer Ritus
Traditioneller Französischer Ritus
Ritual der Freimaurer OITAR / Rite de Salomon
Ritual des Großostens der Niederlande
Schröder‘sches Ritual
u.v.m.